Magazine
Umbauen
Liebe Klavierliebhaberinnen und -liebhaber,
viele haben heutzutage noch ein sogenanntes altes „Schätzchen“, ein Klavier aus vergangenen Tagen, das man irgendwann einmal über Umwege in seine vier Wände bekommen hat. Und es spielt, ja, aber spielt es auch gut? Oftmals sind diese alten Instrumente mehr ein emotional beladenes Möbelstück.
Gerade die alten, hohen Instrumente mit ihren Kassettenfronten, in meist wunderschönem Furnier und manchmal sogar noch mit Kerzenhaltern für die Beleuchtung, sind auch in Bezug auf das Möbelstück, also die Holzarbeit, ein wahrer Hingucker. Aber ist das genug, dass man es anstelle eines wirklich guten Instruments im Haus behält?
Oftmals sind diese Instrumente so alt, dass die Filze bereits vertrocknet sind und porös bröckeln, ist der Stimmstock nicht mehr wirklich in einem Zustand, dass das Instrument die Stimmtonhöhe über den gesamten Tonraum länger hält. Viele dieser Instrumente klingen eher wie ein Honky-Tonk-Klavier in einer Hafenbar.
Ja, aber das wunderschöne Möbelstück …
Nun, es gäbe die Möglichkeit – und das haben findige Klavierbauer immer wieder einmal getan – in ein solch altes Möbelstück ein modernes Klavier einzubauen, ein kleineres zwar, aber das Möbelstück bleibt erhalten.
Nur: Lohnt sich das?
Um es klar zu sagen: Nein, es lohnt sich in Bezug auf den finanziellen Aufwand überhaupt nicht. Denn die Klaviatur wird anders sein, muss eingepasst werden, letztendlich leidet auch das Möbelstück. Die einzige Möglichkeit, wenn man am Dekor des alten Instrumentes hängt: Ein zweites, moderneres daneben stellen. Doch dazu fehlt es oftmals am Platz.
Man muss sich ganz klar bekennen: Will man ein schönes Möbel im Haus haben, oder will man Klavier spielen, oder beispielsweise seinen Kindern von Anfang an den Spaß am Klavierspiel erleichtern, indem man ein neueres Instrument anschafft.
Denn gerade bei einem solch alten Instrument, das vielleicht immer wieder verstimmt ist, das nur schwergängig zu spielen ist, verliert der Nachwuchs alsbald auch das Interesse am Spiel. Also sollte man sich sputen, damit die Kinder weiterhin Freude am Spiel haben. Da muss man dann bereit sein, die einen Emotionen gegen die anderen tauschen, die Emotionen für das Möbelstück gegen das praktischere und weitaus besser klingende Instrument.
Ein Umbau wäre vielleicht sinnvoll zu einer Bar, einer Anrichte oder einem anderen Möbel, aber man sollte nicht nur ein Instrument als Möbel behalten, das eigentlich dem Wort Klavier als zu spielendes Instrument schon seit Jahrzehnten nicht mehr gerecht wird. Das klingt Ihnen zu einseitig?
Fragen Sie einen Fachmann, wie gut Ihr Möbelstück als Instrument wirklich noch ist, fragen Sie den Klavierlehrer, was er vorschlagen würde, wenn Sie selbst nicht sicher sind. Oftmals sind die Urteile zwar ernüchternd, schaffen aber auch Klarheit.
Und wenn Sie das Möbelstück dann tauschen gegen ein moderneres Instrument, damit die Musik wieder so erklingt, wie Sie es sich eigentlich vorstellen, dann fragen sie auch gleich den Händler, ob er Ihr altes Instrument nicht entsorgen kann, denn ansonsten wird dies mehr als schwer. Und es auf dem Gebrauchtmarkt zu verkaufen, ist auch keine Lösung, denn damit verschieben Sie Ihre schwere Entscheidung nur auf jemand anderen.
Carsten Dürer
- Chefredakteur PIANONews -